Die persönliche Anhörung ist für die Antragstellenden der wichtigste Termin innerhalb ihres Asylverfahrens. Deswegen bieten in der Vorbereitung auf das Gespräch Hilfsorganisationen, Wohlfahrtsverbände oder städtische Einrichtungen Beratung an. Die Asylsozialberatung kann ebenfalls in Anspruch genommen werden. Seit August 2018 werden in den AnkER-Einrichtungen auch Gruppeninformationen und Einzelberatungen zum Asylverfahren durch das Bundesamt durchgeführt.
Beim Bundesamt sind die sogenannten Entscheiderinnen und Entscheider für die Durchführung der Anhörung zuständig. Sie laden die Antragstellenden zu diesem Termin, an dem auch eine Dolmetscherin oder ein Dolmetscher anwesend ist.
Diesen Termin müssen die Antragstellenden unbedingt wahrnehmen oder rechtzeitig schriftlich mitteilen, warum ihnen das Erscheinen an diesem Tag nicht möglich ist. Wenn nicht, kann ihr Asylantrag abgelehnt oder das Verfahren eingestellt werden, ohne dass sie noch mal zu den Gründen, warum sie nicht erschienen sind, befragt werden.
Sollte die Person an dem Tag krank sein oder sich verspäten, muss das am selben Tag noch telefonisch mitgeteilt und bei Krankheit das ärztliche Attest per Post nachgereicht werden.
Kann die Person, die in der Ladung genannte Uhrzeit aufgrund einer langen Anreise nicht einhalten und sich verspäten, sollte spätestens bis zu einem Tag vorher schriftlich oder telefonisch mitgeteilt werden, ab welcher Uhrzeit der Termin wahrgenommen werden kann. Dann können die Mitarbeitenden vor Ort die Termine besser einplanen.
Die Anhörungen sind nicht öffentlich. Es können aber eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt sowie eine Vertreterin oder ein Vertreter des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) und bei Unbegleiteten Minderjährigen ihr Vormund teilnehmen. Die Teilnahme einer weiteren Vertrauensperson als Beistand ist grundsätzlich möglich. Diese Person muss sich ausweisen können und darf selbst nicht im Asylverfahren sein beziehungsweise unmittelbar vor dem eigenen Anhörungstermin stehen.
Das Ziel der Anhörungen ist es, die individuellen Fluchtgründe zu erfahren, tiefere Erkenntnisse zu erhalten sowie gegebenenfalls Widersprüche aufzuklären. Dabei sind die Entscheiderinnen und Entscheider mit den Verhältnissen in den Herkunftsstaaten der Antragstellenden vertraut.Wie lange eine Anhörung dauert, hängt stark vom Verfolgungsschicksal und von den Antragstellenden selbst ab.
Während der Anhörung erhalten die Antragstellenden ausreichend Zeit, um ihre jeweiligen Fluchtgründe zu schildern. Sie stellen ihren Lebenslauf und ihre Lebensumstände dar, schildern den Reiseweg und ihr eigenes Verfolgungsschicksal. Außerdem äußern sie ihre Einschätzung der Umstände, die sie bei einer Rückkehr in ihr Herkunftsland erwarten. Bei alldem sind sie verpflichtet, wahrheitsgemäße Angaben zu machen und Beweismittel vorzulegen, sofern sie diese beschaffen können. Das können Fotos sein, Schriftstücke von der Polizei oder anderen Behörden, gegebenenfalls auch ärztliche Atteste. Die Tatsachen, Vorfälle oder Unterlagen, die die Antragstellenden nicht während der Anhörung vortragen oder vorlegen, können gegebenenfalls später weder beim Bundesamt noch in einem gerichtlichen Verfahren berücksichtigt werden.
Die Schilderungen werden übersetzt und protokolliert und im Anschluss an die Anhörung für die Antragstellenden rückübersetzt. Sie bekommen so Gelegenheit, das Gesagte zu ergänzen oder zu korrigieren. Schließlich wird ihnen das Protokoll zur Genehmigung durch die Unterschrift vorgelegt.
Wenn Verständigungsprobleme oder gesundheitliche Gründe bei der Anhörung vorliegen oder auftreten, wird der Termin verschoben.
Beteiligung des UNHCR
Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) wacht darüber, dass die Genfer Flüchtlingskonvention eingehalten wird. Wenn der UNHCR für seine Arbeit Informationen anfordert, stellt das Bundesamt diese zur Verfügung. Außerdem darf der UNHCR bei Anhörungen im Asylverfahren anwesend sein. Zur Erfüllung seiner Aufgaben darf er die Entscheidungen des Bundesamtes und deren Begründungen einsehen.
Besondere Umstände
Wenn es für Antragstellende aus persönlichen Gründen erforderlich ist, kann die Anhörung – soweit möglich – durch eine Person gleichen Geschlechts unter Hinzuziehung einer gleichgeschlechtlichen Dolmetscherin bzw. Dolmetschers durchgeführt oder fortgeführt werden.
Das Bundesamt hat für den Bereich geschlechtsspezifischer Menschenrechtsverletzungen, wie etwa Vergewaltigung, sonstige sexuelle Misshandlung, drohende Genitalverstümmelung, speziell geschulte Entscheiderinnen und Entscheider.
Das gilt auch für Folteropfer, Traumatisierte oder Opfer von Menschenhandel sowie unbegleitete Minderjährige. Auch hierzu hat das Bundesamt speziell geschulte Sonderbeauftragte (siehe Entscheiderinnen und Entscheider).
Antragstellende sollten einen entsprechenden Wunsch möglichst frühzeitig vor der Anhörung, am besten direkt bei der Antragstellung äußern.
Umzug und Adressänderung
Sollten Antragstellende innerhalb des Asylverfahrens umziehen beziehungsweise in eine andere Unterkunft gebracht werden, müssen sie dem Bundesamt, der Ausländerbehörde und eventuell dem Gericht ihre neue Anschrift mitteilen. Das ist enorm wichtig, weil die Briefe immer an die zuletzt bekannte Anschrift gesendet und als zugestellt vermerkt werden, die den Behörden mitgeteilt wurde.
Identitätsprüfung
Zur besseren Identitätsfeststellung hat das Bundesamt im Rahmen des Programms "Integriertes Identitätsmanagement – Plausibilisierung, Datenqualität und Sicherheitsaspekte (IDM-S)" Assistenzsysteme eingeführt. Sie geben im Rahmen der Sachverhaltsaufklärung unterstützende Hinweise. Damit erhalten Entscheiderinnen und Entscheider zusätzliche Indizien, die ihnen die Ermittlung des Sachverhalts erleichtern können.
Die Rechtsgrundlagen für die Durchführung der Anhörung finden sich in den §§ 24 und 25 des AsylG.
Die Rechtsgrundlage für die Identitätsüberprüfung findet sich im § 16 des AsylG